Im vergangenen Jahrzehnt hat der australische Archäologe, Dr. David Kennedy, Google Earth benutzt, um etwa 400 Steinmauern im Westen Zentralarabiens zu kartografieren. Diese Mauern könnten von einem alten wandernden Stamm gebaut worden sein, dessen Ziel, Herkunft und Entwicklung noch nicht bekannt ist. (Fotorechte: Satellite photo by CNES/Airbus, via Google Earth)
„Und eure Kinder sollen in der Wüste 40 Jahre lang Viehhirten sein und eure Hurereien tragen, bis eure Leichname in der Wüste aufgerieben sind! Entsprechend der Zahl der 40 Tage, in denen ihr das Land erkundet habt — sodass je ein Tag ein Jahr gilt —, sollt ihr 40 Jahre lang eure Ungerechtigkeiten tragen, damit ihr erfahrt, was es bedeutet, wenn ich mich [von euch] abwende!“ (4. Mose 14, 33-34).
Hat das wandernde Volk Israel 40 Jahre in der Wüste auf der Sinai-Halbinsel verbracht, oder sind sie zumindest einen Teil dieser vier Jahrzehnte auf der Arabischen Halbinsel umhergewandert? Einige argumentieren, dass es sich genauso verhielt.
„Und es kam vor den Pharao, und der trachtete danach, Mose umzubringen. Aber Mose floh vor dem Pharao und hielt sich im Land Midian auf. Und er setzte sich an einen Brunnen.” (2. Mose 2,15)
Diese Denkrichtung basiert auf der Vorstellung, dass der Berg Sinai (Horeb) sich eigentlich im nördlichen Westen Saudi-Arabiens befindet, dort, wo das alte Land Midian lag, wo Mose 40 Jahre lebte. Eine Anzahl von Forschern, wie der verstorbene Frank Moore Cross von der Harvard Universität oder Sir Colin Humphreys von der Universität in Cambridge, haben zusammen mit einer Gruppe weiterer Exodus-Forscher diese Sichtweise verbreitet.
„Mose aber hütete die Schafe Jethros, seines Schwiegervaters, des Priesters in Midian. Und er trieb die Schafe über die Wüste hinaus und kam an den Berg Gottes, den Horeb.“ (2. Mose 3:1)
Mit Hilfe von Google Earth hat der Forscher Dr. David Kennedy von der University of Western Australia über 400 Steinmauern ausgemacht, die sehr schwer zu entdecken sind, wenn man genau neben ihnen steht; dennoch können sie deutlich durch heutige Satellitenbilder gesehen werden.
„Man kann sie vom Boden aus nicht so gut sehen“, sagte Dr. Kennedy in einem Interview mit dem New- York-Times-Journalisten Nicholas St. Fleuer. „Aber wenn man sich 30 Meter oder per Satellit noch mehr in die Höhe begibt, stechen sie wunderschön heraus.“ Die New York Times veröffentlichte den Artikel Hundreds of Mysterious Stone ‘Gates’ Found in Saudi Arabian Desert („Hunderte mysteriöse Steintore in der Wüste Saudi-Arabiens gefunden“) in ihrem Wissenschaftsteil am 19. Oktober 2017.
Dieses hochaufgelöste Satellitenbild bietet einen deutlicheren Blick auf die „Tore“, die heute im westlichen Zentralarabien mit Lava-Blumen übersät sind. Wer hat sie gebaut und warum? (Wiley/Arabian Archaeology and Epigraphy/Douglas Kennedy, via The Independent, UK)
Man nennt sie „Tore”, denn viele von ihnen sehen von hoch über der Erde aus betrachtet wie Viehtore aus. Diese Mauern finden sich in einer Anzahl von unterschiedlichen Formen vor, von rechteckig bis zu einer Art großem „I” mit Steinhaufen an beiden Enden. Letzterer Form entkräftet jede Vermutung, dass dies Umhegungen für Tiere waren. Viele der Steinmauern waren nur knapp einen Meter hoch.
Die Länge der Mauern variiert zwischen 13 Metern bis 518 Metern – die Breite der Mauern variiert zwischen einfach nur einer schmalen Schicht Steine bis zu Sektionen, die neun Meter breit sind.
In den vergangenen Jahren wurden auch weitere antike Steinstrukturen im Nahen Osten von oben entdeckt. Die heutigen Beduinen nennen diese Strukturen „Arbeiten alter Männer”. Einige der Steinstrukturen, die wie ein Kinderdrachen geformt sind, wurden vielleicht wirklich genutzt, um Tiere zu hüten oder Vogelschwärme, wie Wachteln einzufangen. Aber der Zweck der „Tore“ ist den Forschern bisher ein Rätsel.
Die Tore, die man bis zum heutigen Tag hauptsächlich von der Luft aus entdeckt hat, sind laut Dr. Kennedy irgendwie zwischen 2000 bis 9000 Jahre alt. Der Archäologe hofft, dass Forschungen an Grund und Boden genauere Ergebnisse für Datierungen der antiken Steinstrukturen zutage bringen.
Die Existenz der „Tore” wurde das erste Mal von der allgemeinen Öffentlichkeit bemerkt, als sie Google Earth benutzte, um sich in unbewohnte Gebiete der Arabischen Halbinsel zu begeben. Der Neurologe und Hobby-Archäologe, Dr. Abdullah Al-Sa’eed, interessierte sich für die Steinmauern, nachdem er 2004 einen Lavadom im westlichen Zentralarabien besucht hatte. Er begab sich mit Hilfe von Google-Maps-Tools wieder an diesen Ort, und war erstaunt, viele Dutzende Tore zu sehen, die sich auf weiteren Lavakuppeln der Gegend befanden. Er machte Fotos und kontaktierte professionelle Archäologen, wie Dr. Kennedy, der dann die weitere Erforschung übernahm.
Blicke vom Boden bei einem der Tore (Grant Scroggie, via The Independent, UK)
Seitdem, sagt Dr. Kennedy, hat er mehr als 400 „Tore” auf oder bei trockenen Lavaflüssen in der Vulkanregion von Harrat Khaybar im westlichen Zentralarabien kartographiert. Er meint, dass die Vulkankegel wahrscheinlich aktiv waren und Lavaflüsse aus Basalt produzierten, als die Tore gebaut wurden. Einige der Tore sind durch die Lavaflüsse überspült worden.
„Wir stellen uns Saudi-Arabien schnell als Wüste vor, aber in der Realität ist dort eine riesige archäologische Schatzkiste zu heben, die identifiziert und kartographiert werden muss”, sagte Kennedy der New York Times. Er ist der Autor der Veröffentlichung „Tore”, die diesen November im Journal of Arabian Archeology and Epigraphy erscheint.
Sind nun die alten Israeliten auf der Arabischen Halbinsel umhergewandert, wie manche vorschlagen? Geben diese Tore vielleicht Hinweise auf biblischen Zeiten und darauf, dass ein Nomadenvolk wie die Israeliten tatsächlich existierte? Nur die Zeit und Forscher vor Ort werden das klären können.
Laut New York Times glaubt auch Stephen Kempe ein emeritierter Professor in allgemeiner Geologie & Stoffkreisläufen von der Technischen Universität Darmstadt, dass das Klima und die Ökologie in Saudi-Arabien früher völlig anders waren. Er zeigte sich sehr interessiert an den Steinstrukturen.
Auch wenn man schnell geneigt ist zu spekulieren, muss man weitere Erforschungen abwarten, um mehr über die genauen Gründe und Prozesse zu lernen, die der Konstruktion dieser Steintore zugrunde lagen. „Man kann sich nicht so leicht in die Gedankenwelt von Völkern der Vergangenheit hineinversetzen”, sagte Kempe der New York Times.
Fazit ist jedenfalls, dass diese kürzliche Entdeckung von hunderten Steinstrukturen in einer Region, die man vor kurzem noch für unbewohnbar hielt, einen weiteren Beleg von Menschenspuren in dieser Ecke der Welt darstellt.
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